Seit 20. Oktober ist im Naturhistorischen Museum Wien „KinoSaurier. Fantasie und Forschung“ zu sehen. In der Ausstellung soll mit einer Reise durch die Filmgeschichte die Frage beantwortet werden, wie Bilder über Dinosaurier in unseren Köpfen entstanden sind.
Paläo-Art oder Renaissance der Dinosaurier
Die Schau ist im Halbstock des Museums, verteilt auf auf vier Kabinette sowie zwei Sonderausstellungssäle, zu finden.
In den ersten beiden Bereichen wird eine kurze Einführung in die sogenannte "Paläo-Art" gegeben. Diese beruht auf den Forschungen von Richard Owen aus 1842, der mit der Etablierung des Begriffs der Omnisaurier eine erste Begeisterungswelle für Dinos auslöste. Zum ersten Mal kam die Frage auf, wie diese Urzeitriesen ausgesehen haben könnten. Zunächst waren es noch Wissenschaftler, die sich mit der Rekonstruktion der Saurier beschäftigt haben. Doch schon bald interessierten sich auch Künstler dafür und so war die „Paläo-Art“ geboren. Auf wissenschaftlicher Grundlage entstanden erste Bilder und Plastiken. Nicht vorhandene Informationen wurden durch Fantasie wettgemacht. Aus ersten plumpen Gehversuchen auf diesem Gebiet entwickelte man sich im 20. Jahrhundert rasend schnell weiter und verlieh den Dinos einen durchaus lebendigen Charakter mit komplexen Sozialverhalten, wie in den folgenden Bereichen der Ausstellung zu beobachten ist.
Die Anfänge
Der erste erfolgreiche KinoSaurier ist „Gertie the Dinosaur“ aus dem Jahr 1914 von Winsor McCay. Die Protagonistin Gertie, ein Brontosaurier, ernährt sich in diesem Streifen zwar ausschließlich von Pflanzen, trifft jedoch auch auf Menschen und Mammuts, was bereits 1914 nicht mehr dem aktuellen Forschungsstand entsprach. Die Dino-Dame wurde, wie es in den frühen Zeichentrickfilmen Usus war, mit der Hand gezeichnet. Durch weitere liebevolle Details hauchte McCay seiner Hauptdarstellerin nicht nur Leben ein, sondern verlieh ihr auch einen Charakter.
Zu erwähnen ist in der Anfangsphase der Saurierfilme auch die Tatsache, dass viele Handlungen und Motive vor allem auf literarischen Vorlagen, den Lost-World-Geschichten, beruhten. Darin wird von abgeschiedenen Orten erzählt, wo Urzeittiere nicht ausgestorben sind. Diese Popularität nahm jedoch in den 1940er Jahren schnell ab.
Wenn Realität und Fantasie aufeinandertreffen
In den weiteren Bereichen der Sonderausstellung geht es schließlich um den Übergang von der realen in die fantastische Welt. Zeit spielt keine Rolle mehr und dass Menschen auf Dinosaurier treffen, wird auch zu einer gewissen Gesetzmäßigkeit.
Den Anfang macht hier der Tonfilm „King Kong und die weiße Frau“ aus dem Jahr 1933. Dieser war der erste Dino-Film, der nicht auf einer literarischen Vorlage beruhte. Darin geht es um die Reise eines Filmteams zur Insel „Skull Island“. Im Zuge einer Opferzeremonie für den Riesenaffen Kong wird die einzige Frau des Teams entführt und als Opfer dargebracht. Die Entführte wird von Kong jedoch nicht getötet, sondern vor einem Tyrannosaurus Rex beschützt. Das Finale, welches am Empire State Building stattfindet, wird zu einer Ikone der Filmgeschichte.
Ein weiterer Wendepunkt auf dem Gebiet der Saurier-Filme war „Prehistoric Beast“ von Phil Tippett aus dem Jahr 1984. Dieser Kurzfilm war einer der ersten Filme, bei welchem die Dinosaurier von Computer gesteuert wurden. Es markierte den Übergang von der alt-bewährten Stop-Motion hin zur sogenannten Go-Motion-Technik. Im Jahr 1991 wurde Tippett schließlich von Steven Spielberg für „Jurassic Park“ engagiert und diente mit seinen Fachkenntnissen der Erschaffung von computeranimierten Effekten. Dies löste das Stop-Motion Verfahren endgültig ab. Zum ersten Mal wirkten die Dinosaurier auf der Leinwand so realistisch, dass die Schauspieler auf eine überzeugende Art und Weise mit ihnen interagieren konnten.
In den folgenden Räumlichkeiten werden noch weitere KinoSaurier präsentiert. Es wird unter anderem auch auf Dino-Dokus eingegangen. In Dokumentarfilmen soll natürlich die Wirklichkeit erzählt werden. Wenn diese jedoch schon mehrere Millionen Jahre zurückliegt, bleibt vieles offen. Im Gegensatz zu Spielfilmen über Dinosaurier, wird im Dokufilm versucht, die Urzeitriesen möglichst nach aktuellem wissenschaftlichen Stand darzustellen. Die Saurier werden mit Computertechnik animiert und modelliert und schließlich in reale Filmaufnahmen eingefügt.
Den Abschluss der Ausstellung bildet unter anderem "Die Familie Feuerstein". Der Film über die Feuersteins aus dem Jahr 1994 basiert auf einer Zeichentrickserie der 1960er und spielt in der Steinzeit. Auch hier vermischt sich Realität und Fiktion, da Dinos bekanntlich in der Steinzeit bereits ausgestorben waren. Das Haustier der Feuersteins namens "Dino" wurde erschaffen aus einem Dinokostüm, Animatronik-Kopf sowie Computeranimation. Die Bewegungen sind jenen eines Hundes nachempfunden.
Fazit
"KinoSaurier" ist eine Ausstellung, die nicht nur aufgrund des Titels in Erinnerung bleiben wird. Das Naturhistorische Museum schafft es, einen Überblick über die Erforschung von Dinosauriern zu geben, in Verbindung mit der filmischen Verarbeitung der wissenschaftlichen Ergebnisse. Es zeigt, dass die Dinosaurier nicht nur der Fantasie der Filmemacher entspringen, sondern auch einen Hauch Realitität in sich tragen. Die Vermischung von Fakt und Fiktion ist ein Aspekt, der nicht nur Dino-Filme an sich so faszinierend macht, sondern auch die Ausstellung selbst. Es ist sicherlich einen Besuch für Alt und Jung wert.
"KinoSaurier. Fantasie & Forschung" ist noch bis 18. April 2022 im Naturhistorischen Museum Wien zu sehen
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Alexander (Freitag, 26 November 2021 22:39)
Danke für deinen umfassenden Beitrag zu dieser Ausstellung, liebe Isabel! Ich hatte bereits mit dem Gedanken gespielt, wegen ihr wieder mal im NHM vorbeizuschauen, wusste aber nicht wirklich, was genau mich dort erwarten würde. Deine Zeilen erleichtern mir die Entscheidung daher ungemein!